Am Dienstag, dem 10. November 2015, hat auf dem jüdischen Friedhof in Eimelrod eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht stattgefunden, denn an diesem Tag vor nunmehr 77 Jahren, am 10. November 1938, wurde die kleine Eimelroder Synagoge zerstört und niedergebrannt.
Unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ sollte eine erneute Auseinandersetzung mit der damaligen Zeit angestoßen werden. Es ist bereits das vierte Mal gewesen, dass die Gedenkfeier ausgerichtet worden ist.
Wir als Oberstufenschülerinnen und -schüler der Uplandschule haben nicht bloß an der Andacht teilgenommen, sondern sie mitgestaltet – neben der Leitung durch Pfarrerin Gisela Grundmann, Pfarrer Kai Uwe Schröter, Pfarrer Christian Röhling, Dr. Dirk Bender und Bürgermeister Thomas Trachte.
Letzterer hat die Gedenkstunde mit einer kurzen Rede eröffnet, in der er auf die Wichtigkeit der Veranstaltung hingewiesen hat. Besonders in Anbetracht der aktuellen Flüchtlingssituation sei es erforderlich, einen Beitrag zur Erinnerung an die Ungerechtigkeit des Nationalsozialismus zu leisten.
Unterrichtliche Vorbereitung ist zuvor durch die Geschichtslehrerinnen Frau Englberger, Frau Sbick und Frau Wilke geschehen, sodass die Schüler inhaltlich bereits mit den Geschehnissen vertraut gewesen sind. Um der hiesigen Opfer zu gedenken, haben die Schüler des Grundkurses Geschichte die Namen und Schicksale der jüdischen Bürger Eimelrods und Usselns vorgelesen.
Dank der Nachforschungen von Alf Seippel sind die Schicksale von 34 jüdischen Menschen bekannt, die aus den genannten Orten deportiert wurden oder bereits in den 1930er Jahren ins Ausland, meist nach Amsterdam, ausgewandert sind und nach der deutschen Okkupation dann doch in die Konzentrationslager verschleppt wurden. Die jüngsten hiesigen Opfer des nationalsozialistischen Terrors waren die Schwestern Marianne und Lieselotte Cossen, die 15 und 14 Jahre alt wurden; die ältesten Berta Strauss und Dina Kratzenstein, die mit 84 und 86 Jahren in Auschwitz bzw. Sobibor ermordet wurden. Nur wenige haben die NS-Zeit überlebt, indem sie früh genug nach Argentinien oder Chile ausgewandert sind, sich in Amsterdam versteckt halten konnten (Hannelore Camnitzer, geb. Straus) oder mit Kriegsende befreit wurden (so Ella Wichmann, geb. Schild aus dem KZ Theresienstadt). Die meisten sind in den Konzentrations- und Vernichtungslagern Auschwitz, Sobibor, Theresienstadt und Treblinka ermordet worden.
Nach einer Lesung aus dem Buch einer Willinger Jüdin, nämlich aus „Die Saat ging auf“ von Marianne Walter, und dem Sprechen des Kaddisch, eines jüdischen Totengebets, haben die drei Pfarrer ein Abschlussgebet gesprochen. Die Usselner Konfirmanden haben nach einem alten jüdischen Brauch kleine mitgebrachte Steine auf die Grabsteine der Verstorbenen gelegt.
Mit dem Niederlegen eines Kranzes ist die Andacht beendet worden.
Pfarrerin Grundmann lenkte schließlich sichtlich betroffen die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die verschwundene Gedenktafel für die jüdischen Bürger Eimelrods am zentralen Gedenkstein, die im letzten Jahr noch da war und erst in den letzten Wochen gewaltsam entwendet worden sein muss: Nach den Tätern wird inzwischen polizeilich gesucht.
Lara Bender & Leon Sippel