Thomas Feibel im Gespräch mit Eltern und Schülern
Willingen (bk).Sind Altersbeschränkungen bei Computerspielen sinnvoll? „Nein“, ist sich ein 14-Jähriger mit einigen Klassenkameraden einig. Die Jugendlichen machen kein Geheimnis daraus, dass sie sich nicht an derartige Vorgaben halten. Sie haben schon Spiele gespielt, die erst ab 16, teilweise sogar ab 18 Jahren freigegeben sind.
Angeblich wissen es die Eltern und haben nichts dagegen. „Wir müssen die Elternschaft für die Thematik sensibilisieren“, so Ralf Schulte von der Fachstelle für Suchtprävention des Diakonischen Werks Waldeck-Frankenberg.
Ein Schritt auf dem Weg zum verantwortungsbewussten Umgang mit Computer, Internet und elektronischen Spielen sind die Informationsveranstaltungen, die in dieser Woche in der Region stattfinden. „Abends mische ich die Eltern auf“, sagt der Berliner Medienexperte Thomas Feibel, der am Dienstag in Bad Arolsen zu Gast war und am Mittwoch einer Einladung des „Runden Tischs Suchtprävention“ nach Willingen folgte.
Rund 45 Mütter und Väter kamen zu der Veranstaltung in der Aula der Uplandschule. „Doch diejenigen, die es eigentlich betrifft, waren leider nicht da“, bedauert Birgit Schütz, die sich als Beratungslehrerin an der Uplandschule intensiv mit Suchtprävention befasst.
„Es wird immer schwieriger, in der fünften Klasse zu unterrichten“, erklärte sie gestern bei einem Pressegespräch im Vorfeld einer weiteren Veranstaltung mit Thomas Feibel. Die Kinder können sich teilweise nicht konzentrieren, zeigen aggressives Verhalten, einige sind hyperaktiv und auch das Mobbing nimmt an den Schulen in dieser Altersgruppe zu. Eine Ursache sieht die Pädagogin im teilweise unkontrollierten Medienkonsum der Jungen und Mädchen.
„Die Kinder werden mit dem Computer groß. Sie haben einen ganz anderen Zugang dazu als die meisten Eltern“, so Birgit Schütz, die selbst gelegentlich ihren Sohn um Rat fragt, wenn sie am Computer nicht weiterkommt. Sie machte deutlich, dass sich das Kollegium der Uplandschule bemüht, Computer und Internet möglichst sinnvoll in den Unterricht einzubinden und die Kinder zu einem vernünftigen Umgang anzuleiten. „Aber wir können die Kinder nicht neu erziehen“, betonte sie und wies darauf hin, „dass man als Klassenlehrerin manchmal den Eindruck hat, die zweite Mama zu sein“.
Rektor Herbert Hellwig kündigte an, dass die Uplandschule den Erwerb von Medienkompetenz ins Schulprogramm mit aufnehmen will. Um Lehrer und Eltern für das Thema fit zu machen, werden die Fachstelle für Suchtprävention und die hessische Landesstelle für Suchtfragen im kommenden Jahr entsprechende Seminare anbieten.
Jugendarbeiter Ulrich Faß-Gerold erklärte, dass es in Bezug auf Computer- und Onlinespiele eine Sprachbarriere zwischen Erwachsenen und Jugendlichen gibt. „Die Eltern müssen lernen, mit ihren Kindern darüber zu reden.“ „Man muss sich nicht für die Computerspiele interessieren, sondern für sein Kind“, verdeutlichte Medienexperte Thomas Feibel die Forderung, die Jugendlichen nicht allein zu lassen und der Fürsorgepflicht verstärkt nachzukommen. Der Leiter des Büros für Kindermedien in Berlin suchte gestern Vormittag das Gespräch mit den Achtklässlern der Uplandschule. Insbesondere mit Passagen aus seinem Buch „Black Mail“, einem fesselnden Krimi, gelang es ihm, die Kinder zu erreichen. Die Thematik soll im Unterricht weiter vertieft werden.
WLZ vom 14. November 2008