Lage in Nahost ist Thema bei Gedenkfeier für jüdische Bürger

WLZ, 11.11.2023: Willingen-Eimelrod – Egal ob sie 14 oder 84 Jahre alt waren, ob sie in Nachbarländer flohen oder gleich in Lager kamen: Meist enden die Schicksale der Eimelroder Juden, welche die Schüler verlesen, mit ihrer Ermordung in Riga, Auschwitz, Theresienstadt oder Sobibor. Den Toten und Verfolgten wurde bei der Gedenkfeier „Gegen das Vergessen“ auf dem jüdischen Friedhof in Eimelrod gedacht.

85 Jahre sind die Novemberpogrome her, bei denen die Nazis ihrer Parteimaschinerie in Gang setzten und binnen Stunden Synagogen im ganzen Land brannten, erinnerte Pfarrer Christian Röhling: „Und die Reaktion? Viele schauten nur zu, gafften und gingen weiter.“ Durch das Vorlesen jedes einzelnen Namens halten die Elftklässler der Uplandschule und die Konfirmanden die Erinnerung an das und die spätere Verfolgung wach. Die Namen und Schicksale gingen nahe und würden nicht vergessen, hielt Pfarrerin Gisela Grundmann fest. „Es wiederholt sich in Israel – ein Massaker an jüdischen Menschen bei einem Musikfestival im Kibbuz; Geiselnahmen und Verschleppungen.“

Gleichzeitig lebten Juden in Deutschland jeden Tag in Unsicherheit und würden angegriffen, so Röhling: „Antisemitismus darf und soll es in unserem Land nicht mehr geben.“ Da seien alle gefordert.

Die Runde mit Pfarrerpaar Katrin und Kai Uwe Schröter, Ursula Beste von der katholischen Gemeinde und Ortsvorsteher Johannes Bäcker erinnerte an jüdische Eltern, die hoffen, das ihre entführten Kinder zurückkommen; an unschuldige Juden wie Palästinenser, die angstvoll in Schutzräumen sitzen; an Eltern, die ihre Kinder an die Gewalt verloren und sagen: „Der Tribut, den die Gewalt fordert, wird nicht nur in Zahlen gemessen, sondern auch in zerstörten Träumen.“

Erinnert wurde auch daran, dass die Juden in ihrer Geschichte trotz allen Leids Hoffnung schöpften: „Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, stifte Frieden unter uns und in ganz Israel“, heißt es im Gebet Kaddisch. Und in Psalm 42 ist auf die Frage „Wo ist dein Gott nun?“ die Antwort, auszuharren.

Bürgermeister Thomas Trachte erinnerte daran, wie unvorstellbar Grausamkeiten wie von 1938 sein sollten. Und dass die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie der Rechtsruck in Europa Alarmzeichen sein müssen: Ähnlich wurde das Leid damals eingeläutet. Er mahnte: „Was wir kennen – Freiheit, Wohlstand, friedliches Leben – ist keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas, das verteidigt und geschützt werden muss.“

VON WILHELM FIGGE