Willinger Skispringer holen viel heraus aus der „Corona-Saison“
WLZ, 30.03.2021: Willingen – Skispringen in Corona-Zeiten – das bedeutete auch für den Nachwuchs vom Stützpunkt beziehungsweise vom Ski-Club Willingen eingeschränktes Training mit regelmäßigen Tests, Abstand und Hygiene-Konzepten, Teambesprechungen, Analyse und Mannschaftsführersitzungen als Videokonferenz, an der Schanze kurzes Abklatschen und dann ab ins Hotel oder Auto, möglichst allein oder in Minigruppen wieder nach Hause. Anstoßen auf Sieg oder Medaille? Fehlanzeige!
Unter diesen erschwerten Bedingungen haben die Willinger Skispringer das Beste aus dieser Saison gemacht, die mit der deutschen Meisterschaft vor einer Woche zu Ende gegangen ist. „Mehr geht fast nicht“, verweisen die Trainer Heinz Koch und Jörg Pietschmann auf die ohnehin im Vergleich zu den großen Stützpunkten in Bayern oder im Schwarzwald eingeschränkten Möglichkeiten der Upländer.
Für Michelle Göbel, bei der es nach ihrem tollen Winter 2019/20 diesmal Licht und Schatten gab, stehen in der Pause bis zu den Sommer-Wettkämpfen Schule und Führerscheinprüfung an, um im kommenden Winter aus dem Stützpunkt heraus auch international weiter Anschluss zu finden. Aus diesem Winter stehen für die 17-Jährige die Teilnahme an der Junioren-Weltmeisterschaft in Lahti, Platz vier in der Alpencup-Gesamtwertung und der deutsche Jugendmeistertitel auf der Habenseite. Nun beobachtet sie perspektivisch mit Spannung, wer Nachfolger von Damen-Bundestrainer Andreas Bauer werden wird.
Ihr Vereinskollege Robin Kloß hatte zuletzt um einen Punkt hinter seinem Klubkameraden Janne Puk den Kaderplatz verpasst. Für das Talent bedeutete dies aber eher Motivation statt Frust, wie sein souveräner Gesamtsieg im Deutschlandpokal beweist. Platz vier für Puk und Platz acht für den Winterberger Lukas Nellenschulte, der im Sommer verletzungsbedingt nicht punkten konnte, bestätigt auch die gute Trainerarbeit von Koch, dem die Jungs wie zuvor schon der Schwalefelder Skisprungstar Stephan Leyhe und andere blind vertrauen.
Für Simon Spiewok, eines der hoffnungsvollsten Talente im Deutschen Skiverband (DSV) endet bald die Zeit im Upland: Der beste Skispringer seines Jahrgangs im DSV wurde dieser Tage in einem Beitrag der WDR-Lokalzeit Südwestfalen (abrufbar auch in der Mediathek der ARD-Sportschau) von den Trainern Christoph Klumpp (DSV) und Jörg Pietschmann (HSV) hoch gelobt. Der 19-Jährige aus Meinerzhagen will in Kürze an der Uplandschule sein Abitur ablegen und dann das Skiinternat Willingen verlassen, um in einer Sportfördergruppe des Zolls oder der Bundeswehr in Bayern oder in den Schwarzwald Anschluss an die absolute Spitze zu finden.
„Er muss in den Süden. Da spielt die Musik“, rät auch Trainer Pietschmann, der weiß, welcher Weg für Talente aus Hessen und Westfalen im Grunde Pflicht ist, wenn sie etwas erreichen wollen. „Trainieren, trainieren, trainieren“ , macht sich Spiewok jetzt zur Devise, um eines Tages im Weltcup zu landen. „Vielleicht schon bald in der nationalen Gruppe bei der Tournee in Oberstdorf“, wie er im Filmbeitrag verriet.
Spiewok hofft, sich über den FIS-Cup auch im Continental-Cup etablieren zu können – nicht aussichtslos, denn dort wusste in diesem Winter nicht ein einziger deutscher Springer zu überzeugen.
Bleibt aus heimischer Sicht der für den SC Willingen startende Paul Winter, der in Oberhof bei Ralph Gebstedt und im Zollteam hofft, dass es dort weiter geht, er wieder einen Kaderplatz bekommt und weiter um den Anschluss kämpfen kann.
Und dann sind da noch die „Profis“; allen voran Leyhe. In seiner Wahlheimat Hinterzarten kehrte der Schwalefelder nach seinem Kreuzbandriss gerade wieder auf die Schanze zurück und arbeitet an seinem Comeback. „Und wieder ein paar Sprünge auf der Habenseite“ , ließ Leyhe in den sozialen Medien seine Fans wissen. Für ihn gilt: Er steigt wieder ein im Rennen um die Kaderplätze neben oder hinter den sechs Springern des Weltcup-Teams 2020/21 – was auch auf Andreas Wellinger, Richard Freitag und andere zutrifft.
Nach dem Skifliegen in Planica stehen die Trainer-Konferenzen an, werden die Kader benannt. Der nächste Wettkampfsommer und der olympische Winter kommen bestimmt – hoffentlich mit weniger bis gar keiner Corona-Einschränkung. be/schä