Mit Robin Kloß wächst beim SC Willingen ein neues Skisprung-Talent heran

VON DIRK SCHÄFER

Flog schon über 130 Meter weit: Skispringer Robin Kloß vom SC Willingen. Fotos: pr

WLZ, 09.03.2021: Usseln – Mutter und Sohn wissen noch genau wie es angefangen hat. „Er kam nach Hause und hat gesagt: Mama, du kannst mich beim Fußball abmelden. Ich mache jetzt Skispringen.“ „Er“ heißt Robin Kloß und war damals fünf Jahre alt. Und er war gerade vom Training der Skispringer nach Hause nach Usseln gekommen. „Mein Opa hat gefragt, ob er mich mal mitnehmen soll zum Zuschauen. Ich war vom ersten Tag an begeistert“, erinnert sich der Steppke von damals, der heute 15 und gerade im Begriff ist, Deutschland bester Skispringer im Jahrgang 2005 zu werden.
Am Orenberg, wo so manche Upländer Skisprungkarriere ihren Anfang nahm, machte auch Robin Kloß die ersten Schritte; oder Hüpfer besser gesagt. „Dass er diesen Sport so lange machen wird und so gut, hätten wir damals nicht gedacht“, blickt Susan Kloß zurück. Am Anfang, sagt die Springermutter, sei es manchmal ein komisches Gefühl gewesen, den Junior beim „Luftsport“ zu sehen. „Aber der Jörg Pietschmann macht das so gut, dass die Kinder, glaube ich, überhaupt keine Angst verspüren“, lobt sie die Arbeit des Willinger Trainers und seiner „guten Truppe“.
Drei- bis viermal in der Woche trainiert Robin Kloß bei Pietschmann in Willingen; am späten Nachmittag. Vormittags drückt das Sprungtalent die Schulbank an der Uplandschule als Eliteschule des Sports. „Es läuft ganz gut“, sagt Robin mit Blick auf den Spagat zwischen Schule und Sport.
Wenn er im Sommer Lehrgänge mit dem Nachwuchskader hat oder an Wochenenden früher zu Wettkämpfen auf Reisen geht, muss er den Schulstoff freilich nachholen – Leistungssportler kannten Home-Schooling schon vor Corona.
Die Pandemie kennen sie erst seit der Saisonvorbereitung 2020. Sie hat bei der Jugend wie bei den Großen besondere Konzepte fürs Training und die Wettkämpfe nötig gemacht. Aber sie hat die Saison nicht so durcheinandergewirbelt wie für die jungen Skispringer im Continental- oder Fis-Cup, die unter zahlreichen Absagen zu leiden hatten. „Es gab keine Unterbrechung in dieser Wintersaison“, sagt Robin.
Acht Wochenenden Deutschland-Pokal gingen wie geplant über die Bühne; allein vier in Oberhof, woauch das Finale am vergangenen Wochenende stattfand. Hinzu kamen offizielle Sichtungs-Wettkämpfe des DSV und zwei Einsätze im Alpencup, wo Robin Kloß der jüngste Springer war. „Da merkst du schon Unterschiede zum Deutschlandpokal; allein, weil einige Luken tiefer gesprungen wird“, so die Erfahrungen des Upländers. Das muss ihn nicht kümmern; die Konkurrenz ist international und bis zu fünf Jahre älter. Bei den Gleichaltrigen in Deutschland zeigte Robin Kloß der Konkurrenz hingegen Grenzen auf und darf sich in Kürze als Gesamtsieger feiern (siehe Hintergrund).
Ausgangslage und Realität zeigen die sportliche Entwicklung des 15-Jährigen auf: „Ich hatte mir vorgenommen, unter die Top sechs zu kommen. Schon nach den ersten zwei Wettkämpfen habe ich aber gemerkt, dass es für das Podest reicht“, blickt Robin zurück auf den Deutschlandpokal. Dort wird meist auf K90-Schanzen gesprungen, die man bei den Erwachsenen als „Normalschanzen“ kennt. Größere Kaliber beherrscht Robin aber durchaus auch. Seinen Traum vom Riesensatz auf der größten Großschanze der Welt hat er sich bereits erfüllt. 134 Meter segelte er in Willingen ins Strycktal hinunter. „Unbeschreiblich.“
Überhaupt diese Fliegerei. Sie hat es Robin angetan. „Das Gefühl, frei in der Luft so ein bisschen zu fliegen“ macht für den 15-Jährigen den Reiz aus am Skispringen, das sein größtes Hobby ist neben Skifahren und „ein bisschen Kicken im Garten mit meinem Bruder“. Er möge diese Leichtigkeit, sagt Robin – wobei er es sich oft selbst nicht leicht macht. „Ich bin im Probesprung meistens nicht allzu gut, aber kann mich im Wettkampf dann auch mal um fünf oder zehn Metern steigern“, gibt er zu.
Dieses „Reinarbeiten“ in ein Wettkampfwochenende hat er durchaus gemeinsam mit Stephan Leyhe. Nach dem muss man einen Skispringer aus dem Upland einfach fragen. Von solch einer Karriere wie Leyhe träume er auch, verrät Robin, der den Team-Weltmeister hin und wieder trifft. „Stephan schaut immer mal bei unserem Training vorbei und gibt Tipps.“
Aber schön der Reihe nach: Erstmal heißt das Ziel „die Saison gut zu Ende springen“. Denn mit der deutschen Meisterschaft ab 19. März steht noch ein Highlight an, zumal die Ergebnisse auch noch für den Deutschlandpokal zählen. Robin Kloß hofft, dass das Wetter in Oberwiesenthal eine Austragung zulässt. Und dass er dann nach Hause kommt und sagt: „Mama, du kannst mir gratulieren.“

Sieg im Deutschlandpokal ist Robin Kloß nicht mehr zu nehmen

Es ist seine erste „richtige“ Saison im Deutschlandpokal: Robin Kloß wurde im vorigen Winter als Schüler zweimal eingesetzt, seit September 2020 ist er durchgängig am Start. Und die Premierensaison läuft unerwartet stark. Schon zum Auftakt in Berchtesgaden, wo unter anderem sein ab und zu als Kampfrichter tätiger Vater Christian die Sprünge bewertete, wurde der Usselner Zweiter und Dritter in seiner Altersklasse J 16. Sieg und Silberrang: So wie in Seefeld lautete die Bilanz auch noch zwei weitere Male, ehe Anfang Februar beim zweiten Stopp in Oberhof das Topergebnis heraussprang: zwei Siege. Robin sprang am ersten Tag als einziger zweimal über 100 Meter, obwohl die Konkurrenten drei Luken weiter oben losfuhren. Zuletzt ging’s noch zweimal nach Oberhof, nach Platz zwei Ende Februar wurde der Usselner vorgestern Fünfter – was er verkraften kann. Denn: Berücksichtigt man, dass jeder Athlet auch noch zwei Streichergebnisse hat, ist Robin der Gesamtsieg im Deutschlandpokal eigentlich kaum noch zu nehmen. Mit 552 Punkten liegt er deutlich vor Julian Fussi (SC Ruhpolding, 444). 50 Punkte gibt es pro Sieg. sch