Howdy aus Texas!
Mittlerweile bin ich zwei Monate hier in Kerrville/Texas und besuche nun schon seit acht Wochen die „Tivy High School“. Ich mag mein neues Leben sehr, doch wer denkt, es wäre einfacher als in Deutschland – der irrt!
Mein Wecker klingelt um 6:00 Uhr morgens. Dann heißt es fertig machen für die Schule, meine Lunch Box zubereiten und kurz frühstücken. Wir verlassen das Haus gegen 7:00 Uhr. Meine Schule beginnt um 7:50 Uhr und endet um 15:25 Uhr. Danach habe ich aber noch Tennis-Training, so dass ich erst um 17:30 Uhr zu Hause bin. Dort warten dann noch Hausaufgaben und Lernen auf mich. Nebenbei helfe ich noch im Haushalt mit, putze mein
Zimmer und wasche meine Kleidung (hier in den USA ist es für die Kinder selbstverständlich, im Haushalt mitzuhelfen, es hat jeder seine festen Aufgaben) oder ich helfe bei der Zubereitung des Abendessens. Mein Tag endet gegen 23:00 Uhr, wenn ich müde ins Bett falle. Am Wochenende habe ich nicht viel Zeit zu relaxen, wir sind meistens unterwegs, da meine Gastfamilie mir sehr viel von der Gegend zeigt und selbst sehr viele Termine mit meinen Gastgeschwistern im Sport hat. Meine ganze Woche ist daher sehr verplant und es bleibt kaum Freizeit, das ist in Deutschland wirklich angenehmer. Die meiste Zeit verbringe ich daher mit meinen Freunden in der Schule bzw. beim Schulsport. Die Leute hier sind wirklich super nett, aber man vermisst seine eigenen Freunde in der Heimat schon.
Meine Schule ist ziemlich groß. Sie hat sieben Flügel, eine große Cafeteria und an Sportanlagen alles was das Herz begehrt (Tennis, Baseball, Fußball, Leichtathletik etc.). Über 2000 Schüler besuchen die Schule, mit eigener Krankenschwester und Polizisten, sowie Aufzug für die integrierten Schüler. Hier wird sehr viel Wert auf Integration gelegt, egal ob geistig oder körperlich behindert, hier werden alle mit eingebunden und keiner wird ausgeschlossen. In meiner Klasse haben wir Stumme, da ist immer ein Lehrer für Gebärdensprache im Unterricht dabei, der sofort übersetzt.
Generell wird hier sehr auf das Benehmen der Schüler/innen geachtet, d.h. sehr viel Wert auf Sozialverhalten, den Umgang zwischen den Mitschülern/Lehrern gelegt. „Schei..“ sagt hier keiner, wenn einem das Wort rausrutscht, wird man hier total böse angesehen und bekommt einen Verweis! Der Umgang miteinander ist respektvoll und höflich, auch auf dem Schulhof oder in den Klassenräumen wirft hier keiner etwas auf den Boden, das landet alles im Müll (der wird zwar nicht wie bei uns getrennt), aber es ist eine sehr angenehme, respektvolle und gute Arbeitsweise. Handys dürfen wir benutzen, was auch alle tun, aber die werden selbstverständlich im Unterricht ausgestellt, da gibt es keine Diskussionen oder hinterhältige Tricks – fertig! Außerdem spielt hier der Dresscode eine wichtige Rolle (auch bei den Lehrern!!), hier kommen alle gewaschen und ordentlich in die Schule, Jogginghose ein völliges „No Go“, ebenso wie Drogen und Alkohol!
Eine Schulstunde dauert hier 55 Minuten, danach hat man als Schüler 5 Minuten Zeit, um den Raum zu wechseln, was bei 7 Flügeln in den kurzen Pausen meist sehr stressig ist, aber man schafft es. Jeder Lehrer hat sein eigenes Zimmer, das er individuell für sich und seine Fächer gestalten kann. Zur Grundausstattung gehören hier Computer, Beamer und Dashboards. Tafel und Kreide gibt es nicht. Ebenso gibt es nur Einzelsitze, die genauso wie in amerikanischen Filmen, z.B. „High School Musical“ aussehen.
Die Noten werden hier in Punkten vergeben, d.h. eine 100 stellt eine 1 im deutschen Schulsystem dar. Man kann seine Noten zu jeder Zeit mit seinen persönlichen Login-Daten auf der Schulwebsite einsehen. So sieht man direkt, wo man vielleicht noch etwas Gas geben muss, was sehr praktisch ist.
Ich frage mich mittlerweile wie sich die Lehrer in Deutschland motivieren, wahrscheinlich nur über ein gutes Arbeitsklima unter den Kollegen, was ja auch immer seltener wird.
Mein Stundenplan ist jeden Tag gleich (was sehr praktisch ist und leicht zu merken); für die Nachmittagsstunden kann man sich bereits am Ende des letzten Schuljahres einwählen. Ich konnte aus einem Katalog aus über 63 Nachmittagsangeboten (Sport, Handwerk, Musik) auswählen – unglaublich!
Teilweise haben wir abends noch unter den Schulen Turniere, wo wir dann noch nach der Schule mit dem Bus hinfahren und erst sehr spät nach Hause kommen. Die Schularbeiten müssen aber trotzdem erledigt werden, da gibt es hier keine Entschuldigung! Auch wenn man am anderen Tag eine Arbeit oder auch zwei schreibt, wird darauf keine Rücksicht genommen. Alle vier Wochen werden hier sogenannte „Schüler/in des Monats“ nominiert, die aufgrund ihres Arbeitspensum und Sozialverhaltes eine sehr gute Leistung abgeben, da kommt dann eine von den drei Direktorinnen und hält eine kleine Ansprache in der Klasse, bezieht aber auch alle anderen Schüler mit ein – eine tolle Motivation!
Unterm Strich kann ich sagen, dass es viel Disziplin bedarf, um die Woche zu schaffen. Wird man nachlässig und/oder nimmt alles auf die leichte Schulter, sitzt man im nächsten Flieger nach Hause oder man fliegt von der Schule. Neben Disziplin sind aber auch Kraft, Durchhaltevermögen, Wille und Selbstständigkeit gefragt. Letztendlich sollte man sein Auslandsjahr aber auch genießen, denn man ist nur einmal hier. Außerdem reagieren die Leute super nett, wenn sie hören, dass du ein Austauschschüler bist.
Ein wirkliches Fazit kann ich nach zwei Monaten noch nicht geben, aber ich kann sagen, dass es schon jetzt eine der besten Entscheidungen meines Lebens war. Auch wenn es hart ist, lohnt es sich und man bekommt dafür so viel zurück. Man lernt neue Leute, das Land und Dinge über sich kennen, von denen man nichts wusste und ahnte. Es hat sich schon jetzt gelohnt diesen Schritt zu wagen und ich bin gespannt auf das, was mich noch erwartet.
Viele Grüße an alle Schülerinnen und Schüler sowie an das gesamte Lehrerkollegium der UPS in Willingen!
Johanna Rummel